Nach ein paar Tagen wurde mir Salzburg doch zu klein, man ist ja doch Berlin gewöhnt. Da bin ich kurzerhand im Pferdedroschkentempo über das weltberühmte Dorf Amstetten (erinnert sich überhaupt noch jemand an Fritzls Keller?) nach Wien gefahren. Wien, du Perle an der Donau – wer hat da nicht gleich Kaffeeduft in den Nasenlöchern, Beethoven in den Ohrmuscheln und Sisi auf der Mattscheibe? Überhaupt, was in Salzburg Mozart ist, ist in Wien das Habsburgergesocks, insbesondere natürlich Sisi, obwohl diese eigentlich eine Bayerin ist und so was von keine Österreicherin! Generell hat diese berühmte Sippe sich gerne Ehepartner im nahen Deutschland gesucht, ganz anders als heute, denn heute wählt man rechts und Deutschland ist verpönt. Woran das nun genau liegt, weiß keiner so genau, mutmaßlich liegt es am richtigeren deutsch und am besseren Fußball und daran, dass Österreich noch nicht mal einen Zugang zum Meer hat.
Wien also. Eine Stadt mit Geschichte, wie man an jedem hinterletzten Winkel festzustellen hat. Die allgegenwärtige Habsburgersippe lässt kein friedliches Milchprodukt in Ruhe – an jeder Ecke stolpert man über die eine oder andere prachtvolle Residenz. Die vermodernden Reste der Adligen liegen in einer vergleichsweise unauffälligen Kirche mitten im quirligen Zentrum der Stadt. Trotz des absolut rigiden Fotografierverbots, liebe Milchtrinker, habe ich es doch geschafft die Wachen an der Nase herumzuführen! Es folgen exklusive Einblicke in das Leben der Habsburger. Maria Theresias Sarkophag, den sie sich allerdings mit ihrem Gatten teilen muss, hat die dezente Größe einer durchschnittlichen Wiener Studentenbude, nur weitaus prunkvoller. Pracht, Pracht, Größenwahn, Pracht!
Für Sisi und Franzl sind dagegen schlichte Särge übrig geblieben. Bei drei Filmen über diese Frau fragt man sich doch wo eigentlich der Promibonus geblieben ist. Immerhin besser als eine Holzkiste, aber einer allgemeinen Lieblingskaiserin keinesfalls würdig. Falls ihr euch fragt wo ich bin, ich verstecke mich aus Furcht vor den Wachen in der Tasche.
Überhaupt wohnen in Wien viel mehr Tote als Lebende. Da der Reiseführer unter der Rubrik Zentralfriedhof mit etlichen dahingeschiedenen Berühmtheiten lockt, habe ich einen Ausflug dorthin gewagt. Natürlich habe ich gleich als erstes die Ehrengräber aufgesucht. Siehe da, unser aller Beethoven. Eigentlich ein Deutscher, den haben uns die Österreicher geklaut, aber ich will ja nicht meckern, schließlich haben sie uns einige Jahre später Hitler geschenkt, quasi gratis untergejubelt. Danke für diesen fairen Tausch, Österreich.
Ein Milchprodukt empfiehlt: Falls sich jemand mal auf dem Wiener Zentralfriedhof aufhält, unbedingt nach den russischen Gräbern Ausschau halten. Mehr Spaß kriegt man auf keinem anderen Friedhof geboten. Einzigartige und individuell dekorierte Grabsteine sind an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten!
So endet dieser Ausrutsch in fremde Gefilde, jetzt gibt’s wieder Berlin pur. Schön mal über den Deckelrand hinausgeblickt zu haben, noch schöner wieder im heimischen Kühlschrank zu sein.