Donnerstag, 18. März 2010

Billigläden

Was tut man, wenn man in Moabit eben schnell mal ein Bild aufhängen will, aber weder Nägel noch einen Hammer zur Verfügung hat? Oder aber man möchte eine Bad-Taste Party veranstalten, hat aber gar kein hässliches Outfit? Richtig! Willkommen in den diversen Ramschgeschäften.


Jede bekannte Billigkette und auch einige unbekannte sind hier vertreten. Und natürlich tummeln sie sich alle auf der Turmstraße. Ein wahres Paradies für Schnäppchenjäger. Zunächst eröffnen sich einem ein paar Fragen: Kaufen eigentlich alle in Moabit ihre Jogginghosen bei Zeeman? Warum heißt das Klopapier bei City-Discount überhaupt Rilly? Warum riecht es bei Kik immer nach einer Mischung aus Polyester und Schweiß? Wer stellt die Gläser her, auf denen „I love cat“ steht, die es im 1Euroshop gibt? Wer kauft die durchaus bedenklichen Lebensmittel ein, die bei MäcGeiz angeboten werden? Und last but not least, warum zur Hölle heißt Pfennigland nicht Centland, wenn es doch gerade erst eröffnet hat?


Auf diese Fragen weiß wohl niemand eine befriedigende Antwort. Trotzdem gibt es sehr viel langweiligere Beschäftigungen als an einem freien Nachmittag durch ebendiese Geschäfte zu flanieren und bunte und teilweise äußerst unnötige Waren zu begutachten. Genauso bunt und unnötig wie die Waren, ist die Kundschaft, die man hier so trifft. Hier ist eindeutig bei Kik der Tiefpunkt erreicht, vermutlich weil man dieses Etablissement aus dem Werbefernsehen (Diskont!) kennt, wo man von dem schrecklich quietschenden T-Shirt und der schrecklich quietschenden Verona Feldpooth belämmert wird. Wie dem auch sei, vom Angebot her unterscheiden sich die Billigläden nicht groß voneinander, was in dem einen Geschäft gerade nicht vorrätig ist, findet man meist nebenan.

Ein Milchprodukt empfiehlt: Wer sich im City-Discount aufhält, sollte sich die Werbeschilder genauer ansehen. Die kuriose Benutzung von Anführungszeichen („nur“ zwei Euro) ist bemerkenswert und in ihrer Skurrilität einzigartig!


Auf jeden Fall sind all diese Läden besonders seit der erschütternden Pleite von Hertie durchaus sinnvoll, in Moabit sogar unabdinglich geworden. Schade, dass man sich meist durch Berge von Ramsch wühlen muss, bis man das gesuchte Objekt tatsächlich findet. Außerdem kauft man immer sehr viel mehr ein, als geplant war, kostet ja alles fast nichts.



Montag, 15. März 2010

Turmstraße

Die Aorta Moabits, hier pulsiert das Leben, hier trifft einen die harte Wirklichkeit wie ein Faustschlag ins Gesicht. Sicherlich keine Schönheit, aber wichtiges Versorgungselement im alltäglichem Kampf ums Überleben. Man findet so ziemlich alles was man braucht in der Preiskategorie spottbillig, ob Lebensmittel, Fastfood oder Kleinkram und Gerümpel.


Wenn man beschließt hier entlangzuschlendern, sollte man Nerven dabeihaben, die belastbarer als jedes mir bekannte Stahlseil sind. Oder ausgebildeter Slalomprofi sein, denn voll ist es tagsüber immer, egal ob bei minus 30 Grad, wie in den vergangenen sechs Monaten, oder bei plus 45 Grad, wie wohl in den nächsten sechs. Großfamilien, alte Leute, Gangstergangs oder volltrunkene Asoziale behandeln die schmucke Straße so als wäre sie ihr Wohnzimmer. Nach ein paar Wochen bemerkt man, dass man sich wie von selbst einen aggressiven, etwas egoistisch angehauchten, Gang zugelegt hat. Denkt man hier an seine Mitmenschen, kommt man nie von A nach B.


Das muntere Treiben findet beim Eurogida seinen absoluten Höhepunkt. Die Verkäufer schreien einem die Preise den ganzen Tag monoton entgegen und durch Obst- und Gemüsestände, sowie wartende Menschen ist der noch verbleibende Gehweg so eng, dass Körperkontakt vorprogrammiert ist. Im Sommer verschärft sich die Situation noch durch ganze Schwärme von Wespen, die Obst und Menschen gleichermaßen attackieren. Hat man es geschafft sich seinen Weg durch diese Engstelle zu bahnen, ist man schon fast am Bezirksamt und somit quasi am Treffpunkt für allerhand kuriose Gestalten. Man kennt sich hier, vermutlich gibt es Stammbänke, sich hier niederzulassen, womöglich auch noch ohne ein alkoholisches Getränk in der Hand? Besser nicht!


Also schnell weiter Richtung Sparkasse, aus völlig unerklärlichen Gründen ist diese Filiale weit und breit die Einzige ihrer Art und somit am Monatsanfang komplett verstopft und Wartezeiten von bis zu 10 Minuten sind nichts Ungewöhnliches. Klasse wenn man einfach nur mal schnell nen Zwanni braucht! Wieso man an der Turm- Ecke Beusselstraße keinen Sparkassenautomaten hinstellt, wird für immer ein Rätsel bleiben. Glücklicherweise braucht man für Shoppingtouren auf der Turmstraße selten die ganz große Knete, bei Namen wie City Discount, MäcGeiz, Euro-Shop oder ganz aktuell Pfennigland, ist der Trend Richtung Nullnummer eindeutig.



Der U-Bahnhof Turmstraße ist die Mitte der Meile. Hier steigen sämtliche Fahrgäste der U9 ein oder um, hier ist es an guten Tagen beinahe genauso verstopft wie um den Eurogida. Obwohl es sich doch etwas ausgedünnt hat, seit Hertie pleite gegangen ist. Überhaupt, kann da mal bitte was neues einziehen? Dieses riesige leerstehende Gebäude, das lediglich einen dm beherbergt, ist an Tristesse kaum zu überbieten.


Apropos Tristesse: wo früher einmal ein Lichtspielhaus gewesen ist, indem vermutlich elegant gewandte Menschen zum Amüsement sich tummelten, dort ist heutzutage ein verkommendes Gesamtareal mit Secondhandladen und einer Metzgerei beheimatet. Hauptstadtfleischerei Wache der Name (wer den Namen schon blöd findet dem sei gesagt, dass ein lustig gezeichnetes Schwein in Lack und Leder sowie Netzstrumpfhose die Fassade ziert). Die Turmstraße geht noch weiter, schließlich gibt es ja noch das weltbekannte Gerichtsgebäude und ähnliche Sehenswürdigkeiten, doch dazu, liebe Milchtrinker, später mehr.