Donnerstag, 3. September 2009

Westhafen

Immer wieder kommt mir zu Ohren, dass Moabit ein schäbiges, dreckiges und furchtbar verlottertes Fleckchen Erde sei. Diese unerhörten Gerüchte möchte ich bestätigen, doch trotzdem will ich behaupten, dass viele Leute keine Ahnung haben. In unregelmäßigen Abständen werde ich einige meiner liebsten Moabiter Eindrücke vorstellen.

Folge I:

Moabit- wo sonst achten und verachten sich die Bewohner gleichermaßen? Doch woher kommt dieser wunderschöne Name? Hierzu gibt es mehrere Erklärungsversuche, die unplausibleste, etwas morbide möchte ich hier gern erläutern: der Name kommt von terre maudite was soviel wie verfluchtes Land bedeutet. Der Mensch, der bei Wikipedia behauptet hat diese Erklärung sei unwahrscheinlich, lebt mit ziemlicher Sicherheit nicht in Moabit.

Ein kleiner Staat am Rande von Moabit, das ist das Westhafengelände. Der ehemalige Güterbahnhof bietet heute eine triste Kulisse, die nur darauf wartet von am-hungertuch-nagenden Produzenten als Schauplatz für ein Horrorszenario auserkoren zu werden.

Die surreal anmutenden, verlassenen und halb zerfallenden Gebäude geben Tieren und Gesocks jeglicher Art eine Heimat. Sie sind zugleich Wohn- und Schlafplatz und vermutlich existiert auch die ein oder andere Einkaufsmöglichkeit hinter den alten Gemäuern.


Auf dem Gelände findet man ein wahres Potpourri an aussortierten Gebrauchsgegenständen, von zum Teil zweifelhafter Herkunft.

Die hübschen Schilder, die das Müllabladen verbieten, gehen in diesem Kuriositätenkabinett leider etwas unter, der findige Beobachter jedoch wird feststellen, dass sie einen wichtigen Beitrag zum Gesamtarrangement bilden. Ob der Tatsache, dass sich hier mehrere Großfamilien von enormen Ausmaß komplett neu einrichten könnten, wundert man sich doch etwas über die Ruhe die dieses idyllische Örtchen umgibt. 2008 wurde das Gelände überraschend von Rebellen besetzt und kurzerhand ein diktatorisch geprägter Staat ins Leben gerufen, ein Blitzkrieg mit Deutschland blieb jedoch folgenlos. Besucher sind hier gern gesehen, besonders die LKW-Führer, die ihre gesetzlich verordnete Zwangsruhepause antreten müssen, erfreuen sich an der herzlichen Art der gastfreundlichen Rebellen. Ein kleiner Wermutstropfen sind die scheinbar willkürlich durchgeführten Zollkontrollen denen man hier ausgeliefert ist. Es empfiehlt sich daher, ein stets gut gefülltes Portemonnaie bei sich zu führen, da die horrenden Zollforderungen unverzüglich und nur in bar gezahlt werden müssen.

Ein Milchprodukt empfiehlt:

Wer noch nie eine Leiche gefunden hat, sollte hier die Augen offen halten. Die Leichenwahrscheinlichkeit liegt bei unglaublichen 90%!

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